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Glaubwürdiges Leben in schweren Zeiten

Warum Dietrich Bonhoeffer kein Querdenker war

 

Wohl kaum ein deutscher Theologe war so klar in seinem Handeln und in seinem Lebensweg wie Dietrich Bonhoeffer. Und keiner wurde so vereinnahmt, falsch interpretiert und vor den eigenen Karren gespannt. Zuletzt haben die deutschen Quer-, Wenig-Nach- und Andersdenker versucht, ihn vor ihren Karren zu spannen. Und so erklang bei als Gottesdiensten getarnten Demonstrationen der Querdenker-Bewegung quasi als Abschluss-Andacht das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ – ein Text von Bonhoeffer mit der Melodie des christlichen Liedermachers Siegfried Fietz.

Es wird Zeit, das Leben Bonhoeffers mal wieder ins Bewusstsein zu rufen. Kaum ein anderes Werk schafft das in einer so überzeugenden Weise wie das Hörspielbuch des Musikwissenschaftlers und Redakteur Christian Mörken. Titel: „Dein Licht scheint in der Nacht“ (scm – hänssler Verlag)

 

Die Facetten des inneren Kampfes

 

In verschiedenen biographischen Hörbildern wird das Leben Bonhoeffers nachgezeichnet. Die Jugendzeit in einer preußischen Familie, die überraschende Entscheidung für ein Theologiestudium. Bonhoeffers Zeit während und nach dem Studium im Ausland. Mit ausgezeichneten Stimmen wird die Atmosphäre der jeweiligen Situationen hervorragend zu Gehör gebracht. An entscheidenden Schnittpunkten seines Lebens werden die inneren Kämpfe deutlich gemacht, die Bonhoeffer schließlich zu der Erkenntnis gebracht haben, „dem Rad in die Speichen“ greifen zu müssen. Kein leichter Weg mit vielen Stolpersteinen. 

 

Besonders eindrücklich kommen die Spannungen zwischen Hoffnung und Enttäuschung in dem Hörbild zu den letzten Tagen vor der Ermordung im KZ-Flossenbürg rüber. Parallel zur Biographie werden immer wieder Szenen aus dem gesellschaftlichen Leben dieser Zeit eingefügt, die die geschichtlichen Zusammenhänge in Deutschland der 30er Jahre sehr gut erklären. 

 

Die Geschichte respektieren

 

Wer Bonhoeffer als Protagonisten gegen die Pandemie-Maßnahmen missbraucht, dem fehlt offensichtlich jegliches Wissen, wer dieser herausragende Theologe war und was wir tatsächlich von ihm lernen können. Erschütternd ist, dass es leider heute auch Christen gibt, die eine Pandemie mit dem Dritten Reich in Verbindung bringen und meinen, sie müssten Parallelen ziehen. So geschehen mit Sophie Scholl, mit Anne Frank und neuerdings auch mit Dietrich Bonhoeffer. 

Jetzt kann natürlich jeder und jede in Deutschland singen, was und wo und wie es gefällt. Wir leben in keiner Diktatur, sondern in einer freien Demokratie, wo jeder seine Meinung kundtun darf. Aber darum geht es einigen der Querdenker nicht. Sie vereinnahmen Bonhoeffer für ihre eigenen Zwecke, um bewusst Parallelen aufzuzeigen, die es in keiner Weise gibt.

 

Daher sei allen Nachdenkern und solchen, die es (wieder) werden möchten, dieses Hörspielbuch wärmstens an die Ohren gelegt. Bei Audible, Spotify und anderen Hörbuch-Anbietern ist zu erwerben. Lohnt sich, auch wenn das Werk bereits 2013 erstmals erschienen ist. Wahrheit hat Bestand, auch wenn einige immer wieder versuchen, sie zu verdrehen.